Flucht nach vorne: Am Donnerstagabend nahm Hertha-Manager Michael Preetz Stellung zu den zahlreichen Vorwürfen gegen ihn und auch zu seinen persönlichen Plänen bei den Berlinern. Die Basis hörte immerhin zu.
Es lag schon ein paar Tage zurück, dass Herthas Manager Michael Preetz zuletzt Auskunft über seine berufliche Zukunft gegeben hatte. Ausgerechnet in dem Moment, als Hertha nach einem 2:2 bei Fortuna Düsseldorf sportlich abgestiegen war, als ein Platzsturm und unglaubliche Turbulenzen für alle Beteiligten einen emotionalen Ausnahmezustand brachten, war Preetz gefragt worden, wie er seine eigene Zukunft sehe. Er antwortete, noch leichenblass: „Sie wissen, ich will meine Tätigkeit fortsetzen."
Danach hatte sich Preetz, 44, lange Zeit nicht mehr in eigener Sache geäußert. Dafür richten andere über ihn: Fans, Leute aus den Führungsgremien, Kandidaten für das neu zu wählende Präsidium, ehemalige Spieler. Die Meinungen sind geteilt, ob Preetz nach zwei Abstiegen und einem Aufstieg seit 2009, als er das Erbe von Dieter Hoeneß antrat, weiter in der Verantwortung bleiben sollte. Er besitzt jedenfalls einen Vertrag bis zum Sommer 2014.
Gestern Abend, auf der traditionellen Veranstaltung „Hertha im Dialog" im Palais unter dem Funkturm, gab sich Preetz kämpferisch: „Ich stehe mit ganzer Kraft bereit, diesen Weg bei der Hertha weiterzugehen." Wenn man ihn lässt. Präsident Werner Gegenbauer ist dazu so wild entschlossen, dass er beim gemeinsamen Auftritt deftige Worte wählte: „Ein Schlachtfest kommt mit mir nicht in Frage."
Erstaunlich gesittet
Einige Fanklubs und Vereinsmitglieder wollten die Frage-Antwort-Runde einen Tag vor der Entscheidung des DFB-Bundesgerichts in Sachen Relegation und fünf Tage vor der Neuwahl des Präsidiums boykottieren und sich ihre Kritik für die Mitgliederversammlung aufheben. Doch rund 600 Hertha-Freunde waren gekommen. Trotz einiger Zwischenrufe ging es erstaunlich gestittet zu. Vielleicht nahm Preetz’ Eingeständnis, „dass ich heute zu vielen Themen schlechte Argumente habe", einigen den Wind aus den Segeln.
Noch einmal begründete der Manager die Trainerentlassungen der vergangenen Saison, noch einmal arbeitete er sich an Markus Babbel ab: „Er hat ein Sprungbrett gesucht. Es reicht nicht aus, sich die Hertha-Fahne auf den Arm zu tätowieren." Viele Fan dürften solcher Versuche der Vergangenheitsbewältigung aber überdrüssig sein. Sie wollen lieber wissen, wie’s weitergeht. Einer kleidete seine Zweifel in eine rhetorische Frage an Preetz: „Ist mit Ihnen in der neuen Saison ein Aufbruch möglich?" Antwort: „Ja, ich glaube das."
Das setzt eine sehr kritische Analyse dieser missratenen Saison voraus. Von Preetz wird dabei Selbstkritik erwartet. In der vergangenen Spielzeit war der ehemalige Mittelstürmer, dessen großes Berufsziel immer der Managerposten bei Hertha BSC war, dazu nur einmal fähig gewesen. Nach der Entlassung von Trainer Michael Skibbe sagte er: „Seine Verpflichtung war ein Fehler von mir. Ich habe diese Entscheidung schnell korrigiert."
Seit Preetz 2009 sein Amt antrat, hat er die Fußballlehrer Lucien Favre, Friedhelm Funkel, Markus Babbel und Michael Skibbe entlassen. Sein Ziel, Kontinuität reinzubringen, hat er also glatt verfehlt. Zu Preetz’ Verteidigung ist anzuführen, dass er wegen der Schulden des Klubs nur wenig Geld für Transfers zur Verfügung hatte. Ihm blieb nur die Wahl, Spieler auszuleihen oder ablösefreie Profis zu verpflichten. Aber auch dabei ist Kreativität gefragt. Das enge Finanzkorsett wird noch lange bleiben bei Hertha BSC – egal, ob der Manager weiter Michael Preetz heißen wird oder nicht.
|